- Schwefelverbindungen.
- Schwefelverbindungen.Schwefel tritt in seinen Verbindungen in den Oxidationsstufen von —2 bis +6, am häufigsten in den Stufen —2, +4, +6, auf.Die wichtigste Verbindung mit Wasserstoff ist Schwefelwasserstoff, Hydrogensulfid, H2S, ein farbloses, sehr giftiges Gas mit charakteristischem, selbst in geringen Konzentrationen wahrnehmbarem, unangenehmem Geruch nach faulen Eiern. Schwefelwasserstoff ist in Wasser löslich; er reagiert als eine sehr schwache zweibasige Säure und hat schwach reduzierende Eigenschaften; seine Salze werden Sulfide genannt. Schwefelwasserstoff kommt in der Natur in vulkanischen Gasen und Schwefelquellen, in Erdgas und im Erdöl vor und bildet sich auch bei der Zersetzung (Fäulnis) von Eiweiß. Technisch fällt Schwefelwasserstoff v. a. als Nebenprodukt bei der Aufarbeitung von Erdgas, Erdöl, Kokereigas usw. an; er wird meist zu Schwefel oder Schwefeldioxid verarbeitet. Im Labor kann Schwefelwasserstoff aus den Elementen synthetisiert oder aus seinen Salzen durch Einwirkung von Mineralsäuren gewonnen werden; er wird z. B. in der chemischen Analyse für Fällungsreaktionen verwendet (»Schwefelwasserstoffgruppe«). Während die Alkali- und Erdalkalisulfide leicht löslich sind und in Wasser infolge Hydrolyse alkalisch reagieren, sind die Sulfide vieler Schwer- und Halbmetalle schwer löslich und stark gefärbt. Sie treten in der Natur in Form zahlreicher Minerale auf. Die löslichen Sulfide können zusätzlich elementaren Schwefel unter Bildung von Polysulfiden aufnehmen. So entstehen gelbe Ammoniumpolysulfide, (NH4)2Sn, durch Zugabe von Schwefel zu Ammoniumsulfidlösungen (Ammoniumverbindungen). Beim Eintragen von Alkalipolysulfiden in überschüssige Säure (unter Kühlung) bilden sich die ölartigen, sehr leicht zersetzlichen Polyschwefelwasserstoffe, Polysulfane, H2Sn (n = 4 bis 8), aus denen durch Spalten Disulfan, H2S2, und Trisulfan, H2S3, gewonnen werden können.Unter den Verbindungen des Schwefels mit Sauerstoff sind v. a. Schwefeldioxid und Schwefeltrioxid wichtig; weitere (meist instabile) Schwefeloxide sind z. B. Schwefelmonoxid, SO, Dischwefelmonoxid, S2O, Dischwefeldioxid, S2O2, und Schwefeltetraoxid, Peroxoschwefel(VI)-oxid, SO4. - Schwefeldioxid, SO2, ist ein farbloses, stechend riechendes Gas, das beim Verbrennen von Schwefel (und schwefelhaltigen Substanzen) entsteht; Siedepunkt —10,0 ºC, Schmelzpunkt —72,7 ºC. Beim Auflösen von Schwefeldioxid in Wasser bildet sich die mittelstarke, zweibasige schweflige Säure, H2SO3; diese befindet sich in der Lösung stets mit gelöstem Schwefeldioxid in einem (temperaturabhängigen) Gleichgewicht, das weitgehend auf der Seite des Schwefeldioxids liegt; die schweflige Säure kann daher nicht als solche isoliert werden. Ihre Salze, die Sulfite, MI2SO3, und Hydrogensulfite (früher Bisulfite), MIHSO3, sind meist in Wasser löslich; sie wirken als gute Reduktionsmittel und werden u. a. als Bleichmittel verwendet. Schwefeldioxid wird technisch durch Verbrennen von Schwefel oder Schwefelwasserstoff sowie durch Abrösten von Metallsulfiden gewonnen. Es findet sich auch in allen aus schwefelhaltigen Brennstoffen (z. B. schwefelwasserstoffhaltigem Erdgas) entstehenden Abgasen und hat als luftverunreinigender Schadstoff (Luftverschmutzung, saurer Regen) unrühmliche Bedeutung erlangt. Schwefeldioxid ist Ausgangsprodukt für die Herstellung von Schwefelsäure und verschiedenen Salzen; außerdem wird es u. a. bei der Herstellung von Sulfitzellstoff, bei der Sulfochlorierung und zum Schwefeln verwendet. Es ist stark giftig und führt zu Verätzungen an den Schleimhäuten der Atemwege und des Auges. - Schwefeltrioxid, Schwefelsäureanhydrid, SO3, ist eine feste, in drei Modifikationen auftretende Substanz; bei raschem Abkühlen von SO3-Dampf bildet sich die eisartige, aus trimeren zyklischen Molekülen bestehende γ-Modifikation, Schmelzpunkt 16,8 ºC, Siedepunkt 44,8 ºC; sie geht bei längerer Lagerung in die asbestartigen α- und β-Modifikationen mit seidig glänzenden Kristallen über. Schwefeltrioxid wird technisch durch katalytische Oxidation von Schwefeldioxid als Zwischenprodukt bei der Herstellung von Schwefelsäure gewonnen. Im Labor kann man Schwefeltrioxid durch Erhitzen von rauchender Schwefelsäure (Oleum) herstellen; es wird u. a. für Sulfonierungs- und Sulfatierungsreaktionen verwendet. Schwefeltrioxid ist äußerst hygroskopisch und verbindet sich augenblicklich mit Wasser unter starker Wärmeentwicklung (zum Teil explosionsartig); auf der Haut führt es durch die Bildung von Schwefelsäure zu schweren Verätzungen.Bei den zahlreichen Sauerstoffsäuren, die Schwefel (in verschiedenen Wertigkeitsstufen) als Zentralatom enthalten, unterscheidet man zwei Verbindungsreihen mit den allgemeinen Formeln H2SOn (»Monoschwefelsäuren«) und H2S2On (»Dischwefelsäuren«). Zur ersten Reihe (mit n = 2 bis 5) gehören die Sulfoxylsäure, Schwefel(II)-säure, H2SO2 (Salze: Sulfoxylate), die schweflige Säure, Schwefel(IV)-säure, H2SO3 (Salze: Sulfite), die Schwefelsäure, Schwefel(VI)-säure, H2SO4 (Salze: Sulfate), und die Peroxomonoschwefelsäure, carosche Säure, H2SO5 (Salze: Peroxosulfate). Zur zweiten Reihe (mit n = 4 bis 8) zählen die dithionige Säure, Dischwefel(III)-säure, H2S2O4 (Salze: Dithionite, früher Hydrosulfite), die dischweflige Säure, Dischwefel(IV)-säure, H2S2O5 (Salze: Disulfite), die Dithionsäure, Dischwefel(V)-säure, H2S2O6 (Salze: Dithionate), die Dischwefelsäure, Dischwefel(VI)-säure, Pyroschwefelsäure, H2S2O7 (Salze: Disulfate, Pyrosulfate) und die Peroxodischwefelsäure, H2S2O8 (Salze: Peroxodisulfate). Die weitaus wichtigste dieser Säuren ist die in großem Umfang technisch hergestellte Schwefel(VI)-säure. In freiem Zustand bekannt sind außer ihr nur die Dischwefelsäure, die Peroxomonoschwefelsäure und die Peroxodischwefelsäure; die übrigen Säuren existieren nur in Form ihrer Salze (oder treten als hypothetische Zwischenprodukte bei chemischen Reaktionen auf). Durch Austausch eines (an das zentrale Schwefelatom gebundenen) Sauerstoffatoms durch ein Schwefelatom entstehen weitere Säuren, so die thioschweflige Säure, Dischwefel(I)-säure, H2S2O2 (Salze: Thiosulfite), die Thioschwefelsäure, Dischwefel(II)-säure, H2S2O3 (Salze: Thiosulfate), und die Thiodischwefelsäure, Trithionsäure, H2S3O6 (Salze: Thiodisulfate, Trithionate). Polythionsäuren, H2S2+nO6 (n = 1, 2, 3 usw.), entstehen durch Einlagerung weiterer Schwefelatome in die Thiodischwefelsäure. - Die größte und wichtigste Gruppe unter den Salzen der Schwefelsauerstoffsäuren bilden die Salze der Schwefelsäure (Sulfate), jedoch haben auch viele Salze der anderen Säuren größere Bedeutung, z. B. das Natriumthiosulfat, Na2S2O3, als Fixiersalz in der Fotografie, und das Natriumdithionit, Na2S2O4, als starkes Reduktionsmittel in der Bleicherei und Küpenfärberei. Durch Umsetzen von Natriumthiosulfat mit organischen Halogeniden werden Salze mit einem organischen (meist aliphatischen) Rest, R—S2O3Na, gewonnen (Bunte-Salze), die v. a. als Zwischenprodukte für organische Synthesen verwendet werden. Als starke Oxidationsmittel werden besonders die Peroxosulfate und die Peroxodisulfate gebraucht.Mit den Halogenen bildet Schwefel zahlreiche Verbindungen mit den allgemeinen Formeln SX2, SX4, SX6 und S2X2 (X = Halogen). Daneben sind auch sauerstoffhaltige Halogenverbindungen des Typs SOX2 (Thionylhalogenide) und SO2X2 (Sulfurylhalogenide) bekannt. Die Neigung zur Verbindungsbildung nimmt mit steigendem Atomgewicht der Halogene ab. Dischwefeldichlorid, Chlorschwefel, S2Cl2, ist eine orangegelbe, erstickend riechende Flüssigkeit, die man durch Überleiten von Chlor über geschmolzenen Schwefel gewinnt; sie ist ein gutes Lösungsmittel für Schwefel und wird bei der Vulkanisation von Kautschuk verwendet. Schwefelhexafluorid, SF6, ist ein farb- und geruchloses, reaktionsträges und ungiftiges Gas, das u. a. in Hochspannungsgeräten und -anlagen als Isoliergas verwendet wird. Thionylchlorid, SOCl2, das Säurechlorid der schwefligen Säure, Sulfurylchlorid, SO2Cl2, das Säurechlorid der Schwefelsäure, sowie Chloroschwefelsäure, Chlorsulfonsäure, HSO3Cl, sind farblose, erstickend riechende und an der Luft stark rauchende Flüssigkeiten, die in der präparativen Chemie für Chlorierungs- und Sulfochlorierungsreaktionen beziehungsweise Sulfonierungsreaktionen verwendet werden.Mit Kohlenstoff reagiert Schwefel zu Schwefelkohlenstoff. Von den organischen Schwefelverbindungen sind besonders die Thiole, die Thioäther und die Sulfonsäuren wichtig.
Universal-Lexikon. 2012.